CONTRACTIONS – DAS GUT – COSMOS THEATER – 2014

Emma ist neu in der Firma. Ihre Vorgesetzte macht sie mit dem Unternehmenskodex bekannt. Alles ist präzise definiert, auch das Zwischenmenschliche. Gefühle sind Störfaktoren im betriebswirtschaftlichen Kalkül. Sie können die Produktivität beeinträchtigen und den Profit gefährden.
Doch die Natur ist unberechenbar: Emma verliebt sich und der Albtraum beginnt.

Wie weit, fragt Mike Bartlett in „Contractions (Nachwehen)“, sind wir bereit für einen sicheren Arbeitsplatz zu gehen? Viel zu weit, zeigt seine verstörende Antwort. Denn Firmen kaufen heute nicht mehr nur die Arbeitskraft, sie kaufen den Menschen

Regie: Alexander Braunshör | Bewegungscoaching: Anna Hein | Musik: Boris Fiala | Dramaturgie: Evren da Conceição | Video/Fotos: Judith Stehlik | Raum: Stephan Köberl | Kostüm: Theresa Pfahler | Es spielen: Rita Dummer, Rachelle Nkou

ÖSTERREICHER INTEGRIERT EUCH – GOD’S ENTERTAINMENT -WIENER FESTWOCHEN 2012

ÖSTERREICHER INTEGRIERT EUCH! @ ORF wien heute

Integration ist das neue Zauberwort der gesellschaftlichen Mitte, politische Mehrzweckwaffe und Allheilmittel – doch der Begriff ist irreführend. God’s Entertainment stellt die Integrationsdebatte vom Kopf auf die interkulturellen Füße und demokratisiert sie radikal: Denn anstatt zu glauben, dass durch die entsprechende Anpassung und Eingliederung derer „von draußen“ ein imaginierter Zustand von idyllenhaftem Früher wiederhergestellt werden könne und in dieser Irrealität dann Gottseidank und -beiuns mit der ethnisch-kulturellen Unterschiedlichkeit auch die sozialen Brennpunkte nivelliert würden, sollten sich besser alle Angehörigen eines heterogenen Gemeinwesens mit- und ineinander integrieren, um die Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Deshalb, nach all der Leitkultur, den Integrationskursen und Sprachprüfungen, die unsere zugewanderten Mitbürger absolviert haben, fordert God’s Entertainment nunmehr die Hiergebliebenen auf, es den Hergekommenen gleichzutun: Österreicher integriert Euch! rufen sie den Schluchtenbrunzern und anderen Landsleuten zu und laden sie ein, endlich auch dazuzugehören zum großen und ganzen, vollkommenen Österreich. Wie aber kann der individuelle Integrationsbedarf eines jeden einzelnen Einheimischen ermittelt werden, wie lange muss er in God’s Entertainment’s Integrationslager bleiben, um etwa einen integrierten Türken, Zigeuner, Schwarzen nicht mehr als solchen wahrzunehmen? Und wie überhaupt wird ermittelt, welche Migranten, Minderheiten, Minderbemittelten den integrationswilligen Österreicher vor die größte Herausforderung und am Härtesten auf die Probe stellen?

Ab Mitte Mai informiert God’s Entertainment in einigen U-Bahn-Stationen an Info-Integrationsständen die Passanten über das neue Integrationsmodell in Österreich für Österreicher und testet sie vor Ort auf die eigene Integrationsfähig- und -willigkeit. Per Fragebogen wird der spezifische Integrationsbedarf innerhalb einzelner Bezirke verortet. Im Integrationslager geht es um das Aushalten und Auskosten des Eigenen und des Anderen. Wer der/die/ das „Andere“ für den jeweiligen Integrationsteilnehmer ist und wie abschreckend oder vereinnahmend dieser ihm/ihr begegnet, und wie der jeweilige Österreicher das Eigene definiert, lobpreist oder verachtet, wird bei Aufnahme ins Integrationslager per Einstufungstest ermittelt – als erster Schritt, um das passende Integrationspaket zu bestimmen:

Paket A: kleiner Integrationsbedarf, für fortgeschrittene ÖsterreicherInnen in Integration (2–4 Stunden)
Paket B: mittlerer Integrationsbedarf, für Beginner mit leichten Vorerfahrungen in Integration (1 Tag)
Paket C: großer Integrationsbedarf, absolute Anfänger in Integration (2–3 Tage)

Die Pakete verstehen sich als all-inclusive. Für Essen und Trinken während der Integration ist gesorgt, Sanitäranlagen sind vorhanden. Während der Integration soll das Lager nicht verlassen werden, für private Telefonate u.ä. sind jedoch Pausen vorgesehen. Die Integranten beschäftigen sich zunächst spielerisch mit Bewältigungsstrategien. Vorurteilsschleifen gegenüber „Anderen“ werden immer wieder durch die Lagerleitung überprüft. Je nach Bedarf werden Kopftuchtraining, Ethnolektkurse, Zwangsverheiratung und Heimschächtungen angeboten; God’s Entertainment kooperiert dabei mit zahlreichen Integrationshelfern wie Serben, Kroaten, Bosniern, farbigen Afrikanern, Türken, Kurden, Roma (bekannt als Zigeuner) und deutschen Studenten.

FÜHRUNGEN: 18, 19 und 20 Uhr
Die Führungen sind Touren durch das Lager. Die Besucher der Wiener Festwochen bekommen so persönlich die Möglichkeit, das Lager von innen und die hier angewandten Integrationsmethoden und -messgeräte kennenzulernen. Nach Wunsch können Sie sich auch selbst an Ort und Stelle einem Schnelltest unterziehen und/oder sich für eine eigene Integration in den Folgetagen registrieren lassen.

WOLOKOLAMSKER CHAUSSEE – HEINER MÜLLER – K.J.D.T. – 2010-2011

KJDT übersetzt die Fragestellungen von Recht und Anarchie, von Struktur und Zufälligkeit, von Reglement und Abweichung, die in der Textvorlage Wolokolamsker Chaussee 1-5 sowohl inhaltlich als auch formal angelegt sind, in das Forschungsgebiet der Notationssysteme. Alle fünf Teile, die in Form von Rückblenden erzählt werden, thematisieren das Verhältnis zwischen Neubestimmung und Festschreibung von Recht und der Notwendigkeit von Anarchie für die Entstehung eines neuen Rechtes.

Ausgangspunkt und Grundlage für die Partiturerstellung sind „revolutionäre“ Arbeiten der Wiener Gruppe, von John Cage und von TheaterAngelusNovus (Tod des Hektor), die sich im Zeitraum des Handlungsgeschehens und der Entstehung der Textvorlage abspielten. Diese werden mit der Textvorlage Wolokolamsker Chaussee 1-5  von Heiner Müller in Beziehung gesetzt. Untersucht werden dabei Zeichensysteme zu Literatur, Musik, Performance, Architektur, Bildende Kunst, Fotografie, Film und Medienkunst.

Die drei oben angeführten KünstlerInnen-Gruppen (Wiener Gruppe, John Cage, TheaterAngelusNovus) dienen als beispielhafte Erfinder von Notationsformen nach 1945. Deren künstlerisches Schaffen hatte Versuchs- und Experimentiercharakter und geschah vorwiegend jenseits von und gegen herrschende Denkkonventionen, Kunstgattungen, Betriebsrahmen. Wesentlich war das Erschaffen und Erproben neuer Materialien – sei es poetisch, musikalisch, sprachlich, gestisch, körperlich; das Radikalmachen von Zeit; die tendenziell kollektive Zusammenarbeit. In Form von Notationssystemen wurde u.a. das Verhältnis von Provisorium und Reglement in künstlerischen Abläufen erforscht.

KJDT versucht, in Zusammenarbeit mit ausgewählten KünstlerInnen aus Italien, Österreich und Osteuropa, das Verhältnis zwischen Material, Erfindung, Konzept, Aufzeichnung, Wiederholung und Werk neu zu bestimmen. Die unterschiedlichen Notationssysteme werden nicht (wie zum Beispiel beim Reenactment) aus ihrem zeitbezogenen Kontext herausgeschält und als darstellerisches Mittel angewendet, sondern sollen ihrerseits neue Entwurfsprozesse ermöglichen, die die unterschiedlichen Funktionen und Re-Präsentationsweisen von Notationssystemen ausloten und hinterfragen: als Handlungsanleitung im Spiel, als Mittel zur Kommunikation und zur Lesbarkeit der Organisationsstruktur der Beteiligten, als „autonomes Kunstwerk“.